Vorsicht bei der Quellensteuerentlastung

Die von Österreich mit anderen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) enthalten meistens Bestimmungen über die Reduktion der nach österreichischem Recht vorgesehenen Quellensteuern (etwa der Kapitalertragsteuer – KESt). So wird der österreichische Steuersatz auf den im DBA festgelegten Steuersatz reduziert (abhängig von den Einkünften und vom jweiligen DBA z.B. von 27,5 % auf 5 %).

Um bei der Zahlung den niedrigeren DBA-Steuersatz anwenden zu können gibt es die DBA-Entlastungsverordnung (DBA-Entlastungs-VO). Sind die Voraussetzungen gemäß der DBA-Entlastungs-VO erfüllt, kann bei der Zahlung sofort der niedrigere DBA-Satz angewendet werden (um beim oben angeführten Beispiel zu bleiben können statt der 27,5 % nur die 5 % einbehalten werden).

Falls die Voraussetzungen der DBA-Entlastungs-VO jedoch nicht erfüllt werden, ist zwingend der österreichische Steuersatz einzubehalten. Die über dem DBA-Steuersatz liegende Steuer ist im Wege eines Rückerstattungsantrages beim Finanzamt zu beantragen. Auf diese Tatsache verweist das Bundesministerium für Finanzen in der EAS 3422. Wird den Anforderungen der DBA-Entlastungs-VO nicht entsprochen und wird trotzdem nur der niedrigere DBA-Steuersatz abgezogen, haftet gegenüber dem Finanzamt der (österreichische) Zahlende für die zu unrecht nicht abgezogene Steuer!

Wir machen daher aufmerksam eine unmittelbare Quellensteuerentlastung nur dann durchzuführen, wenn die Bestimmungen der DBA-Entlastungs-VO vollinhaltlich erfüllt sind. Ansonsten (auch im Zweifel) sollte der ausländische Zahlungsempfänger auf das Rückerstattungsverfahren verwiesen werden. Bei Fragen dazu stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Die EAS 3422 im Wortlaut:

Keine Quellenentlastung bei bloß mittelbarer aktiver gewerblicher Tätigkeit

An einer in Österreich ansässigen GmbH (Ö-GmbH) ist zu 100% eine in den USA ansässige Holding-Kapitalgesellschaft (US-Holding) beteiligt, an der wiederum zu 100% die in den USA ansässige, operativ tätige und börsennotierte Konzernmuttergesellschaft (US-KM) beteiligt ist. Unter der Annahme, dass es sich bei der US-Holding um eine mit wirtschaftlicher Funktion ausgestattete Gesellschaft handelt, der als Nutzungsberechtigte der Dividenden die Einkünfte zuzurechnen sind, stellt sich die Frage, wie im Falle von Gewinnausschüttungen der Ö-GmbH an die US-Holding eine abkommensrechtliche Entlastung von der österreichischen Quellensteuer, die grundsätzlich im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht im Wege der Kapitalertragsteuer zu erheben ist (vgl. § 98 Abs. 1 Z 5 EStG iVm § 27 Abs. 2 Z 1 EStG) gewährt werden kann.

Aus abkommensrechtlicher Sicht darf dabei die österreichische Steuer aufgrund von Art. 10 Abs. 2 lit. a DBA-USA den Betrag von “5 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden” nicht übersteigen, wenn die US-Holding als Nutzungsberechtigte der Dividenden unmittelbar über mindestens 10% der stimmberechtigten Anteile der Ö-GmbH verfügt. Steht der US-Holding – unter Berücksichtigung der LOB (“Limitation on Benefits”)-Klausel iSd Art. 16 DBA – der reduzierte Quellensteuersatz iHv 5% zu, so kann gemäß § 5 Abs. 1 DBA-Entlastungsverordnung eine Entlastung an der Quelle herbeigeführt werden, wenn den Dokumentationsanforderungen der §§ 2 bis 4 DBA-Entlastungsverordnung entsprochen wird. Für Zwecke der Glaubhaftmachung der Abkommensberechtigung von juristischen Personen hat der ausländische Einkünfteempfänger neben den in § 2 DBA-Entlastungsverordnung genannten allgemeinen Dokumentationsanforderungen auch eine Erklärung abzugeben, wonach dieser die in § 3 Abs. 1 DBA-Entlastungsverordnung genannten Substanzkriterien kumulativ erfüllt. Eine zusätzliche Dokumentation könnte außerdem erforderlich sein, wenn sich dies aus der besonderen Rechtslage des Abkommens ergibt (vgl. auch BMF-Erlass vom 10.3.2006, AÖF Nr. 127/2006, Abs. 20).

Entfaltet die US-Holding als Einkünfteempfängerin keine über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgehende Betätigung, dann scheitert eine Entlastung an der Quelle bereits aufgrund von § 3 Abs. 1 Z 1 DBA-Entlastungsverordnung. Denn zu den Grunddokumentationserfordernissen zählt auch die in § 3 DBA-Entlastungsverordnung genannte Erklärung, aus der hervorgeht, dass der Einkünfteempfänger keine Holding- und/oder Briefkastengesellschaft ist. Zeigt die Erklärung, dass eine Holding- und/oder Briefkastengesellschaft vorliegt, oder fehlt diese Erklärung, muss die DBA-Entlastung im Rückzahlungsverfahren iSd § 240 Abs. 3 BAO herbeigeführt werden (vgl. BMF-Erlass vom 10.3.2006, AÖF Nr. 127/2006, Abs. 19). An einer solchen Unzulässigkeit der Entlastung an der Quelle vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass im Rahmen der Prüfung der LOB- Klausel eine bloß mittelbare aktive gewerbliche Tätigkeit ausreichen würde (s. das Verständigungsprotokoll zu Art. 16 Abs. 1 lit. c DBA-USA). Denn ein Anerkennen der Abkommensvorteile als Ergebnis der LOB-Prüfung kann nicht mit einer Glaubhaftmachung der Abkommensberechtigung im Rahmen der DBA-Entlastungsverordnung gleichgesetzt werden.

Bundesministerium für Finanzen, 7. Jänner 2020