Arbeitskräfteüberlassung: Unterüberlassung im Konzern zwischen Österreich und Deutschland

Im Doppelbesteuerungsabkommen (idF DBA) zwischen Österreich und Deutschland gibt es die Besonderheit, dass nach herrschender Auffassung eine Arbeitskräfteüberlassung im Konzern anders beurteilt wird als die gewerbliche Arbeitskräfteüberlassung. So soll bei der gewerblichen Arbeitskräfteüberlasssung die “183-Tag-Regel” zur Anwendung kommen (Art. 15 (3) DBA), wohingegen bei der Überlassung im Konzern Steuerpflicht ab dem 1. Tag im Tätigkeitsstaat gegeben ist (Art. 15 (2) b DBA).

Das österreichische BMF hat nun in EAS 3376 seine Rechtsmeinung zu dem Fall kundgetan, in welchem ein deutsches gewerbliches Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen (AKU) in Deutschland ansässige Arbeitskräfte an eine ebenfalls in Deutschland ansässige Konzerngesellschaft überlässt, und dieses die Arbeitskräfte als Trainees einer in Österreich ansässigen Gesellschaft desselben Konzerns überlässt (Ketten- oder Unterüberlassung).

Bei blosser formeller Zwischenschaltung des deutschen Konzernunternehmens ist grundsätzlich davon auszugehen, dass es sich um eine gewerbliche Arbeitskräfteüberlassung handelt. Dies führt dazu, dass die “183-Tage-Regel” zur Anwendung kommt.

Für den Fall, dass es sich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt um zwei Arbeitskräfteüberlassung handelt (nämlich von dem ersten – gewerblichen – AKU zur zweiten deutschen Konzerngesellschaft und von dieser an die österreichische Gesellschaft) und die deutsche Konzerngesellschaft nicht bloss aus formellen Gründen “zwischengeschaltet” ist, handelt es sich grundsätzlich um eine konzerninterne Arbeitskräfteüberlassung mit der Konsequenz, dass die “183-Tage-Regel” nicht anzuwenden ist. Steuerpflicht in Österreich ist in diesem Fall ab dem 1. Tag gegeben.

Für den Fall – und dies ist die Grundaussage der EAS – dass jedoch auf fremdüblicher Basis keine Kosten für die Überlassung der Arbeitskräfte von der deutschen Konzerngesellschaft an den österreichischen Beschäftiger verrechnet werden (weil die Tätitgkeit der in Österreich tätigen Arbeitskräfte zu Ausbildungszwecken erfolgt) ist die “183-Tage-Regel” anzuwenden. In diesem Fall ist nämlich davon auszugehen, dass das beschäftigende österreichische Unternehmen nicht als “wirtschaftlicher Arbeitgeber” anzusehen ist, wodurch Steuerpflicht in Österreich erst ab überschreiten der 183 Tage entsteht. Würden aber die Kosten für die Überlassung an die österreichische Gesellschaft weiter belastet, bestünde Steuerpflicht in Österreich ab dem 1. Tag (in diesem Fall ist nämlich davon auszugehen, dass die österreichische Gesellschaft als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist).

 

Das EAS 3376 vom 17.1.2017 im Wortlaut:

Überlässt ein in Deutschland ansässiges gewerbliches Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen in Deutschland ansässige Arbeitskräfte an eine ebenfalls in Deutschland ansässige Konzerngesellschaft und werden diese Arbeitskräfte als Trainees einer in Österreich ansässigen Gesellschaft desselben Konzerns überlassen, ist für die Beurteilung der Frage, ob grenzüberschreitend eine gewerbliche Arbeitskräfteüberlassung iSd Art. 15 Abs. 3 DBA-Deutschland oder eine Konzernüberlassung iSd Art. 15 Abs. 2 DBA-Deutschland vorliegt, zunächst zu beachten, ob die deutsche Konzerngesellschaft lediglich formell zwischengeschaltet wurde oder tatsächlich entsprechend dem wahren wirtschaftlichen Gehalt zwei Arbeitskräfteüberlassungen (eine innerhalb Deutschlands und eine grenzüberschreitende) stattfinden.

Im letzteren Fall ist die konzerninterne Arbeitskräfteüberlassung als maßgeblich anzusehen. Im Anwendungsbereich des DBA-Deutschlands ist bei konzerninterner Arbeitskräfteüberlassung entscheidend, ob der Einsatz der Arbeitskräfte in der österreichischen Konzerngesellschaft als Trainees dazu führt, dass die österreichische Konzerngesellschaft zur Arbeitgeberin iSd Art. 15 Abs. 2 lit. b DBA-Deutschland wird. Nach der Judikatur des VwGH ist entscheidend, wer “wirtschaftlich” als Arbeitgeber anzusehen ist, wer also die Vergütung trägt (vgl. VwGH 22.05.2013, 2009/13/0031). Ist dies nicht die österreichische, sondern die deutsche Konzerngesellschaft, weil die Entsendung zu Ausbildungszwecken erfolgt und ein unabhängiges drittes Unternehmen die Arbeitskräfte nur unentgeltlich als Trainees im Rahmen eines Praktikums aufgenommen hätte, kann davon ausgegangen werden, dass die österreichische Konzerngesellschaft nicht zur Arbeitgeberin iSd Art. 15 Abs. 2 lit. b DBA-Deutschland wird. Dies hat zur Folge, dass das Besteuerungsrecht an den Vergütungen der Arbeitskräfte nach Art. 15 Abs. 2 DBA-Deutschland ausschließlich Deutschland zugeteilt wird, sofern sich die Arbeitskräfte weniger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres in Österreich aufhalten. Sollte jedoch die österreichische Konzerngesellschaft die Arbeitskräftegestellungsvergütungen “wirtschaftlich” tragen, so ist selbst bei einer Entsendung unter 183 Tagen von einem Besteuerungsrecht in Österreich auszugehen.

Die DBA Betriebsstätte – Mögliche Neuerungen in der Zukunft

Der Betriebsstättenbegriff ist einer der wichtigsten im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen. Nur falls ein in einem Land ansässiges Unternehmen in einem anderen Land eine Betriebsstätte begründet, entsteht in diesem anderen Land eine Steuerpflicht. Dies führt dazu, dass viele Unternehmen geneigt sind, die Begründung einer Betriebsstätte im anderen Land zu vermeiden.

Die Vermeidung einer Betriebsstätte im Tätigkeitsstaat ist grundsätzlich legitim es sei denn, dies wird durch “künstliche” Vermeidungsstrategien erreicht. Um diese “künstlichen” Umgehungen zu verhinern, wurde im Lichte der BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) Entwicklung Artikel 7 entworfen. Dieser soll durch die Verschärfung des Betriebsstättenbegriffs die künstliche Umgehung der Begründung von Betriebsstätten erschweren. Letztlich läuft es im Rahmen der BEPS Entwicklung hinkünftig daher darauf hinaus, dass Betriebsstätten von ausländischen Unternehmen im Tätigkeitsstaat schneller begründet werden, bzw. bestehende Betriebsstätten durch “Abschmelzung” von bestimmten Funktionen nicht mehr vermieden werden können.

Konkret geplant ist derzeit, dass abhängige Vertreter (die im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen als “Betriebsstätte” angesehen werden), nicht mehr zu reinen Kommissionären (keine Betriebsstätten) zurück gestuft werden können. Desweiteren ist geplant, dass auch Einrichtungen die für Zwecke des Einkaufs von Waren in einem anderen Staat unterhalten werden, zukünftig als “Einkaufsbetriebsstätten” angesehen werden. Überdies soll es Unternehmen erschwert werden, durch Fragementierung (Aufteilung) ihrer Tätigkeiten auf mehrere (Konzern-)Gesellschaften, sowie durch Splitting von Verträgen bei Bauaufträgen die Begründung von Betriebsstätten zu vermeiden.

Ob letztlich alle geplanten Maßnahmen zur Umsetzung kommen werden, steht derzeit nicht fest. Fest steht jedoch, dass der Betriebsstättenbegriff einem Wandel unterzogen wird und derzeit noch nicht klar ist, wohin die Reise gehen wird. Wir halten Sie diesbezüglich jedenfalls auf dem Laufenden.

SV Abkommen Aktuell: Australien und Albanien

Betreffend den österreichischen Sozialversicherungsabkommen (SV-Abkommen) haben sich in letzter Zeit einige Neuerungen ergeben.

Mit Australien ist mit 1.3.2017 ein neues SV-Abkommen in Kraft getreten. Bei Entsendungen gibt es weiterhin eine 5 Jahres-Frist, innerhalb welcher weiterhin SV-Pflicht im Heimatstaat gegeben ist. Bei Tätigkeiten im Konzern (vorübergehender Anstellung bei einem Konzernunternehmen im anderen Land) kann nunmehr SV-Pflicht im Heimatstaat beibehalten werden (dies ging bisher nur mittels Antrag, der im Rahmen des neuen Abkommens nicht mehr notwendig ist).

Mit Albanien soll auch ein Abkommen zur Koordinierung der SV-Pflicht abgeschlossen werden. Eine entsprechende Regierungsvorlage liegt derzeit im Nationalrat zur Abstimmung vor. Das SV-Abkommen enthält Regelungen betreffend der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung und regelt anzuwendende Rechtsvorschriften bei der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit.