Entsendung in ein Land ohne DBA

Werden Mitarbeiter in ein Land entsendet, mit dem Österreich kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen hat, kann eine wirtschaftliche Doppelbesteueurng (Steuer auf die selben Einkünfte in Österreich sowie im Einsatzland) dennoch vermieden werden. Kann nachgewiesen werden, dass im Ausland tatsächlich Steuern bezahlt worden sind, kann die ausländische Steuer auf die österreichische Steuer angerechnet werden. Rechtsgrundlage in Österreich ist dafür eine Verordnung (VO) zu § 48 BAO. Beträgt der ausländische Durchschnittsteuersatz mehr als 15 %, können die für die ausländische Tätigkeit bezogenen Einkünfte in Österreich steuerfrei gestellt werden.

Das österreichische Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat in einer Express Auskunft Service (EAS-Auskunft 3390 des BMF vom 15.08.2017) nun kundgetan, dass sich die 15 % Durchschnittsteuerbelastung auf eine Jahresbetrachtung beziehen. Im konkreten Fall bezog eine in Österreich ansässige Person Einkünfte aus Argentinien (kein DBA), die einer argentinischen Besteuerung von bis zu 30 % unterlegen haben. Weitere Einkünfte aus der selben Quelle, welche ebenso aus Argentinien bezogen wurden, wurden jedoch niedriger bzw. nicht besteuert. Nachdem die aus Argentinien insgesamt bezogenen Einkünfte im Kalenderjahr die 15 % Durchschnittsteuer nicht erreichten, kann nach der Rechtsansicht des BMF für sämtliche argentinischen Einkünfte im betreffenenden Kalenderjahr keine Steuerfreistellung durchgeführt werden. Die argentinische Steuer kann jedoch auf die österreichische Steuer angerechnet werden.

Die EAS 3390 im Wortlaut:

Eine sowohl in Österreich als auch in Argentinien unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person ist bei einer in Argentinien ansässigen Gesellschaft mit Dienstvertrag angestellt und aufgrund dieses Dienstvertrags ausschließlich in Argentinien beruflich tätig. Im Zuge eines Pensionierungsprogramms kommt es zu einem einvernehmlichen Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen in die Pension gegen eine befristete Weiterzahlung von 60% des letzten monatlichen Bruttogehalts (unter Berücksichtigung von Sonderzahlungen, Urlaubszahlungen und variablen Gehaltsbestandteilen des letzten vollen Arbeitsjahres) zum jeweiligen Monatsletzten. Die monatliche Weiterzahlung endet drei Monate nach Erreichen des 65. Lebensjahres des Steuerpflichtigen. In Argentinien werden die ersten 17 der vereinbarten 49 monatlichen Zahlungen aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses als schadenersatzähnliche Zahlungen behandelt und nicht besteuert; die folgenden 32 monatlichen Zahlungen werden im Rahmen der argentinischen Einkommensteuer effektiv mit rund 30% Steuer belastet.

Mit Argentinien besteht derzeit kein Doppelbesteuerungsabkommen; dieses wurde von Argentinien mit Note vom 26.6.2008 per 31.12.2008 gekündigt (vgl. BGBl. III Nr. 80/2008). Zur Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung ist daher die Doppelbesteuerungsverordnung (BGBl. II Nr. 474/2002) anzuwenden. Nach dieser Verordnung wird die internationale Doppelbesteuerung ganz allgemein durch Anrechnung der ausländischen Steuer auf die österreichische Steuer beseitigt. In bestimmten, taxativ aufgezählten Fällen wird allerdings nicht die Anrechnungs-, sondern die Freistellungsmethode zur Beseitigung der Doppelbesteuerung angewendet, vorausgesetzt dass die ausländische Steuerbelastung der nach österreichischem Recht ermittelten Einkünfte eine Durchschnittsteuerbelastung von 15% übersteigt. Welche Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zur Anwendung gelangt, orientiert sich dabei an der üblichen Staatenpraxis, wie dies insbesondere im OECD-Musterabkommen zum Ausdruck kommt (vgl. VwGH 30.3.2000, 99/16/0100).

Handelt es sich bei den monatlichen Zahlungen aufgrund des aufgelösten argentinischen Dienstverhältnisses um Einkünfte aus einer im Ausland ausgeübten nichtselbständigen Arbeit im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. f Doppelbesteuerungsverordnung, so sind diese Einkünfte gemäß § 1 Abs. 1 Doppelbesteuerungsverordnung bei der Ermittlung des Einkommens im Sinne von § 2 EStG 1988 sowie § 7 Abs. 2 und 3 KStG 1988 von der Besteuerung auszunehmen, wenn sie aus Staaten stammen, mit denen Österreich kein darauf anwendbares Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat und wenn sie im ausländischen Staat einer der österreichischen Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer vergleichbaren Besteuerung unterliegen, deren Durchschnittsteuerbelastung mehr als 15% beträgt. Sofern die Durchschnittsteuerbelastung der monatlich erfolgenden argentinischen Zahlungen daher mehr als 15% beträgt, sind die Einkünfte von der österreichischen Einkommensteuer freizustellen. Die Durchschnittsteuerbelastung ist gemäß § 1 Abs. 1 letzter Satz der Doppelbesteuerungsverordnung in sinngemäßer Anwendung jener Grundsätze zu ermitteln, die für die Berechnung der in der VO – Internationale Schachtelbeteiligungen (BGBl. Nr. 57/1995) genannten Durchschnittsteuerbelastung festgelegt sind. Aus § 3 VO – Internationale Schachtelbeteiligungen (BGBl. Nr. 57/1995) ergibt sich für den gegenständlichen Fall, dass das ausländische Einkommen nach den für die Einkommensermittlung für unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Personen maßgeblichen Vorschriften des EStG 1988 zu ermitteln und aus dem so ermittelten Einkommen und der darauf entfallenden ausländischen Steuer die ausländische Durchschnittsteuerbelastung zu berechnen ist. Dabei ist eine jahresweise Betrachtung anzustellen, weil gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen ist, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Somit kann auf Grundlage der Doppelbesteuerungsverordnung eine Befreiung der Einkünfte aus der im Ausland ausgeübten nichtselbständigen Arbeit von der österreichischen Einkommensteuer nur in jenen Kalenderjahren erfolgen, in denen – bezogen auf die Summe sämtlicher in diesem Kalenderjahr erhaltenen Zahlungen aus dem aufgelösten argentinischen Dienstverhältnis – die in diesem Kalenderjahr darauf entfallende argentinische Steuer eine Durchschnittsteuerbelastung von mehr als 15% ergibt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich aufgrund der Belastung von 32 der insgesamt 49 Zahlungen mit effektiv rund 30% argentinischer Steuer bei einer jahresübergreifenden, auf sämtliche der 49 Zahlungen bezogenen Betrachtung eine Durchschnittsteuerbelastung von insgesamt mehr als 15% ergeben würde.

Für die Kalenderjahre, in denen eine Befreiung iSd § 1 Abs. 1 Doppelbesteuerungsverordnung aufgrund einer niedrigeren Durchschnittsteuerbelastung nicht zur Anwendung kommt, sieht § 1 Abs. 2 Doppelbesteuerungsverordnung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung vor, dass die ausländischen Steuern vom Einkommen auf die veranlagte österreichische Einkommensteuer anzurechnen sind. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der österreichischen Steuer nicht übersteigen, der unmittelbar auf die im Ausland besteuerten Einkünfte entfällt (Anrechnungshöchstbetrag).

Ob es sich im konkreten Fall tatsächlich um Einkünfte aus einer im Ausland ausgeübten nichtselbständigen Arbeit iSd § 1 Abs. 1 lit. f der Doppelbesteuerungsverordnung handelt, ist eine Sachverhaltsfrage, die nicht im ministeriellen EAS-Verfahren geklärt werden kann. Sollte es sich jedoch nicht um Einkünfte aus einer im Ausland ausgeübten nichtselbständigen Arbeit handeln, sondern um Ruhegehälter, da mit der Abfindung Pensionsansprüche abgegolten werden, oder um sonstige Einkünfte, so würden diese Einkünfte nicht vom taxativen Katalog des § 1 Abs. 1 Doppelbesteuerungsverordnung erfasst sein und eine ausländische Steuer wäre somit nach § 1 Abs. 2 Doppelbesteuerungsverordnung auf die österreichische Einkommensteuer anzurechnen. Hinsichtlich der Unterscheidung zwischen diesen Arten von Einkünften kann insb. auf den OECD-Kommentar zu den Art. 15 und 18 OECD-MA zurückgegriffen werden.

Bundesministerium für Finanzen, 15. August 2017