DBA und COVID-19 Pandemie

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat in einem am 22.5.2020 herausgegebenen Erlass einige Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) in Zeiten der Corona-Krise veröffentlicht. Einige wesentliche Punkte aus diesem Erlass werden nachfolgend kurz zusammengefasst.

– Es gilt (weiterhin) das Tätigkeitsortprinzip. Sollte auf Grund der Corona-Krise nicht im Ausland gearbeitet werden können, sondern im heimatlichen Home Office, besteht Steuerpflicht im Ansässigkeitsstaat (= “Home Office”-Staat). Dies gilt jedoch nicht im Verhältnis zu Deutschland, zu dem im Rahmen einer Konsultationsvereinbarung eine genau gegenteilige Regelung vereinbart wurde (siehe dazu unsere News).

– Im Verhältnis zu Liechtenstein geht die Grenzgängereigenschaft selbst dann nicht verloren, wenn eine (längere) Home Office Tätigkeit durchgeführt wird. Es bleibt bei der 4 %igen (DBA-)Quellensteuer in Liechtenstein und Anrechnung dieser Steuer auf die österreichische Einkommensteuer.

– Im Verhältnis zu Italien laufen bezüglich der Grenzgängerregelung noch Konsultationsgespräche (unter welchen Voraussetzungen  die Grenzgängereigenschaft aufrecht bleibt). Es ist davon auszugehen, dass bei einer Home Office Tätigkeit auch im Verhältnis zu Italien weiterhin die Grenzgängerbestimmung des DBA anzuwenden ist. Eine Einigung bleibt aber abzuwarten.

– Beim Kurzarbeitergeld kommt das Kausalitätsprinzip gemäß Artikel 15 OECD-Musterabkommen zur Anwendung.

Beispiel: Ein in Tschechien ansässiger Arbeitnehmer, der für gewöhnlich arbeitstäglich zu seinem österreichischen Arbeitgeber pendelt, unterliegt grundsätzlich aufgrund von Art 15 DBA-Tschechien für sämtliche in Österreich erbrachte Arbeitstage dem österreichischen Besteuerungsrecht, während der Ansässigkeitsstaat Tschechien gemäß Art 22 Abs. 2 DBA-Tschechien die österreichische Steuer auf die tschechische Steuer anzurechnen hat. Kommt es im April 2020 aufgrund der COVID-19 Pandemie im Rahmen eines Kurzarbeitsmodells zu einer Reduktion der Arbeitszeit, ist die Kurzarbeitsunterstützung für den Monat April aufgrund des Kausalitätsprinzips in Österreich zu besteuern, wo in Ermangelung der COVID-19 Pandemie die Arbeit verrichtet worden wäre (vgl. auch EAS 2526 zu einer Gehaltsfortzahlung nach Dienstfreistellung nach dem DBA-Tschechien).

– Bei angeordneter Home Office Tätigkeit wird bei nur vorübergehender Dauer in der Regel keine (DBA-)Betriebsstätte für den (ausländischen) Arbeitgeber in den Wohnräumen des Arbeitnehmers begründet. Etwas anderes ist es jedoch, wenn von Haus aus (also auch ohne Corona-Anlass) längere Zeit im Home Office (z.B. 50 % der Arbeitszeit) gearbeitet wird. In diesem Fall, so argumentiert das BMF, ist von Vornherein davon auszugehen, dass das Home Office eine Betriebsstätte begründet (dies ist aber eine wiederlegbare Vermutung und nicht zwingend der Fall).

– Bei einer Bauausführung und Montage hemmt eine durch COVID-19 ausgelöste (“Baustellen-“)Unterbrechung den Fristenlauf (z.B. 12 Monatsfrist gemäß OECD-Musterabkommen) für die Begründung einer Betriebsstätte NICHT.

Beispiel: Ein in der Schweiz ansässiges Bauunternehmen unterhält eine Bauausführung in Österreich, deren Dauer ursprünglich über einen Zeitraum von zehn Monaten geplant war. Kommt es aufgrund von Maßnahmen zur Eindämmung der weiteren Verbreitung von COVID-19 zu einer dreimonatigen Bauverzögerung, so überschreitet die Dauer der Bauausführung letztlich die 12-Monats-Frist iSd Art 5 Abs 2 lit g DBA-Schweiz. Dadurch begründet das schweizerische Unternehmen grundsätzlich eine abkommensrechtliche Betriebsstätte in Österreich.

EAS Update

Nach längerer Zeit wurden durch das Bundesministerium für Finanzen (BMF) wieder einmal zwei neue Rechtsmeinungen im Rahmen des Express Antwort Service (EAS) veröffentlicht.

Die erste EAS-Auskunft (Nr. 3421 v. 25.3.2020, “Der Betriebsstättenvorbehalt bei einer ungarischen Landwirtschaft”) dreht sich um die Frage, inwieweit eine ausländische Kapitalbeteiligung eines österreichischen Steuerpflichtigen seiner ausländischen Betriebsstätte zugerechnet werden kann (so genannter “Betriebsstättenvorbehalt”). Im konkreten Fall war fraglich inwieweit eine ungarische Kapitalbeteiligung einer in Österreich ansässigen Person dessen ungarischer Betriebsstätte (in diesem Fall war die Betriebsstätte eine ungarische Farm/Landwirtschaft) zuzurechnen ist (was eine Besteuerung der ungarischen Kapitalerträge mit der niedrigeren ungarischen Steuer ermöglicht hätte).

Das BMF vertritt unter Verweis auf die Einkommensteuer-Richtlinien (EStRL Rz 492) die Rechtsmeinung, dass eine Beteiligung an einer ungarischen Kapitalgesellschaft nur dann einer ungarischen Betriebsstätte zugerechnet werden kann, wenn es sich bei der (Kapital-)Beteiligung um “notwendiges” Betriebsvermögen der Betriebsstätte handelt. Inwieweit es sich beim angefragten Sachverhalt bei der Kapitalbeteiligung um “notwendiges” Betriebsvermögen der Betriebsstätte handelt, wird in der EAS-Auskunft nicht beurteilt sondern zur weiteren Abklärung dem zuständigen Finanzamt überlassen. In der EAS-Auskunft wird aber auch klar gestellt, dass eine Zurechnung der Beteiligung an die Betriebsstätte nur dann möglich ist, wenn die Betriebsstätte eine operative Tätigkeit entfaltet und nicht bloß vermögensverwaltend tätig ist. So heißt es in der EAS, “eine Landwirtschaft kann grundsätzlich eine Betriebsstätte sein, wobei im Übrigen jedoch die Anwendbarkeit des Art. 6 OECD-MA unberührt bleibt. Dabei müssen aber auch die allgemeinen Voraussetzungen für die Begründung einer Betriebsstätte erfüllt sein, insbesondere das Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit. Eine bloß als Vermögensverwaltung zu beurteilende Tätigkeit ist dabei nicht ausreichend.”

Die zweite EAS-Auskunft (Nr. 3423 v. 25.3.2020, “DBA-Quellensteuerentlastung bei Holdinggesellschaften”) dreht sich um die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine (Quellen-)Steuerentlastung in Österreich bei Zahlungen in das Ausland erfolgen darf.

Erfolgen Zahlungen von in Österreich ansässigen Personen oder Unternehmen an ausländische Empfänger ist unter Umständen in Österreich eine (Quellen-)Steuer (z.B: Kapitalertragsteuer – KESt) einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Je nachdem an wen und unter welchen Umständen die Zahlung erfolgt, kann die (Quellen-)Steuer beim Finanzamt wieder zur Erstattung beantragt werden. Dies hängt vom jeweils anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ab. Unter Beachtung der Bestimmungen der DBA-Entlastungsverordnung (DBA-EVO) kann aber bereits der Abzug der Steuer an der Quelle vermieden werden. Auf diese Weise erspart sich der ausländische Empfänger der Einkünfte den Aufwand des Erstattungsantrages beim österreichischen Finanzamt. Außerdem hat er keinen Liquiditätsnachteil, da er seine Vergütung sofort ohne Abzüge erhält und ein Rückerstattungsantrag mittlerweile erst nach dem Jahr der Zahlung gestellt werden kann.

Allerdings sind zur unmittelbaren (Quellen-)Steuerentlastung die Bestimmungen der DBA-EVO streng zu befolgen. Dazu gehört unter anderem, dass die notwendigen Dokumentationserfordernisse für eine unmittelbare Steuerentlastung befolgt werden (ist beispielsweise der ausländische Empfänger eine juristische Person, ist eine Bestätigung, dass es sich um eine operativ tätige Gesellschaft handelt, notwendig). In der in EAS 3423 behandelten Rechtsanfrage weißt das BMF noch einmal darauf hin, dass wenn die Dokumentationserfordernisse gemäß der DBA-EVO nicht erfüllt sind, eine Steuerentlastung an der Quelle nicht erfolgen darf (d.h. die österreichische Zahlstelle muss die Quellensteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen und darf nicht die Vergütung ohne Abzug der Steuer an den ausländischen Empfänger bezahlen). Sollte keine Quellensteuer einbehalten werden und werden die notwendigen Dokumentationserfordernisse nicht erfüllt haftet der österreichische Vergütungsschuldner (der Zahlende) für die nicht einbehaltene Steuer.

DIGI Tax vs. Weinsteuer

Man hat es fast schon vergessen aber es gibt auch eine (Steuer-)Welt abseits der Corona Krise.

Die Gewinner der Krise sind bestimmt die (US-)Online Giganten (FAANG – Facebook, Apple, Amazon, Netflix, Google) und hier vor allem die Online Händler. Die Bestellungen im Internet bei den großen (US-)Händlern haben in Zeiten in denen die regulären Geschäfte in vielen Ländern geschlossen hatten rasant zugenommen. Und in Zukunft zeichnet sich ab, dass dieses Wachstum der Online Riesen weiterhin zunehmen wird (ein Grund ist auch, dass die Bestellungen durch die Krise verstärkt wurden, und sich immer mehr Konsumenten mit der Bestellung im Internet angefreundet haben).

Schon bisher war es die Bestrebung von vielen Staaten, im Rahmen einer “gerechten” Besteuerung, (vor allem) US-Online Giganten einer Besteuerung zu unterziehen. Dies vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass sich herausgestellt hat, dass die großen Tech Konzerne in Europa keine oder nur sehr geringe Steuern bezahlen. Ein Mittel um für eine gerechtere Besteuerung zu sorgen ist eine Steuer auf bestimmte Online-Tätigkeiten (“DIGI Tax”), die je nach Ausgestaltung unterschiedliche Tatbestände erfassen soll. Dies kann zum Beispiel der Umsatz aus der Werbetätigkeit in einem Staat sein oder generell der in einem Staat erzielte Umsatz (nicht Gewinn!) aus einer Handelstätigkeit.

Die DIGI Tax kann wie beschrieben unterschiedliche Ausformungen haben. In Österreich ist es eine 5 %ige Digitalsteuer auf “Onlinewerbeleistungen”. Eine “Onlinewerbeleistung” ist beispielsweise eine Bannerwerbung oder eine Werbung bei einer Suchmaschine. Diese Steuer ist im Digitalsteuergesetz (BGBl I 91/2019 DiStG 2020) normiert, welches ein Teil des Abgabenänderungsgesetz 2020 ist. Das Digitalsteuergesetz (DiStG) enthält die Bestimmungen über die Besteuerung von Online-Werbeumsätzen. Die Online-Werbeumsätze werden seit 1.1.2020 mit 5 % der österreichischen Umsätze besteuert. Der Digitalsteuer unterliegen Unternehmen mit einem (weltweiten) Jahresumsatz von 750 Mio. EUR und inländischen Werbeumsätzen von mindestens 25 Mio. EUR (§ 2 DiStG). Daraus lässt sich ableiten, dass mit der Digitalsteuer ausländische Online-Giganten (Umsatz > 750 Mio. EUR) besteuert werden sollen. Die Bemessungsgrundlage ist das Entgelt für die Werbeleistung abzüglich der Vorleistungen anderer Onlinewerbeleister (§ 3 DiStG). Das (ausländische) Unternehmen oder sein steuerlicher Vertreter hat die Digitalsteuer zu berechnen, beim Finanzamt anzumelden und die entsprechende Steuer abzuführen (§ 5 ff DiStG).

In anderen Staaten soll eine DIGI Tax auch auf Umsätze aus dem Handel anfallen. So plant Großbritannien beispielsweise Online Umsätze aus einer Handelstätigkeit und solche aus einer Werbetätigkeit (Stichwort Google Werbung) einer 2 %igen Abgabe zu unterziehen. In Frankreich ist eine DIGI Tax mit 3 % auf alle Umsätze (nicht Gewinne!) geplant.

Was hat das mit einer Weinsteuer zu tun? Nachdem die meisten Unternehmen die in Europa von einer DIGI Tax betroffen sind, aus den USA stammen, hat die US Regierung bereits angekündigt, (steuerliche) Gegenmaßnahmen gegen Staaten zu setzen, welche US Unternehmen mittels DIGI Tax besteuern wollen. Bei Frankreich wird beispielsweise eine Zollabgabe von 100 % auf den Import von französischem Wein in die USA überlegt. Motto: “Du besteuerst meine Tech Konzerne – ich besteuere Deinen Wein.” Der französische Finanzminister findet die Besteuerung des Weins übrigens “nicht akzeptabel”.